Fussball Was von der WM in Katar bleibt: Nach der Party
Auch die imposanten Stadien wie die fast 90.000 Zuschauer fassende Endspiel-Arena Lusail stehen natürlich noch, größtenteils leer oder auch abgeschieden im Wüstensand. Sie sind Erinnerungsstücke an ein Turnier der Verschwendungssucht in einem vor Reichtum strotzenden Staat. Das „Stadium 974“, benannt nach der Ländervorwahl Katars und der Anzahl der für den Bau verwendeten Container, sieht von außen betrachtet schon recht leer geräumt aus. Arbeiter sind im Einsatz. Nach sieben WM-Spielen fand dort noch eine Modenschau statt. Die 974 Container sollen nun abgebaut werden. Auf dem riesigen Gelände ist irgendwann ein Park geplant.
Am 18. Dezember setzten die Argentinier mit dem überragenden Leo Messi in einem grandiosen Finale gegen den entthronten Titelverteidiger Frankreich mit Torschützenkönig Kylian Mbappé den Schlusspunkt des Turniers. Zahlreiche WM-Überbleibsel aber sind in Katar noch weithin sichtbar. Die WM-Spieler des FC Bayern sind bis auf den verletzten Kapitän Manuel Neuer nun zurück an den Ort der krassen Enttäuschung gekommen. „Das Stadion haben wir gleich am ersten Tag gesehen und uns gesagt, ach, da war das“, erzählte Thomas Müller mit Blick auf das Chalifa Stadium, in dem die deutsche Nationalmannschaft 1:2 gegen Japan verlor. Die Arena grenzt gleich an die Aspire Zone, wo die Münchner Profis sich gerade auf die zweite Saisonhälfte vorbereiten.
„Muller“ und „Kimmitsch“
Der FC Bayern könnte Katar auch in Zukunft eng verbunden bleiben. Dann, wenn die Münchner Bosse trotz aller Debatten über Menschen- und Arbeitsrechte den im Sommer auslaufenden und bei Teilen ihrer Fans verpönten Vertrag mit Qatar Airways verlängern sollten. Vorstandschef Oliver Kahn und Marketing-Vorstand Andreas Jung sind dabei, die Bedingungen auszuloten.
Hat die WM Katar gewandelt? Das kleine Land stand vier Wochen im Blickpunkt der Weltöffentlichkeit. Die Europäer diskutierten über Menschenrechtsverstöße und die angemessene Kapitänsbinde. Fans aus anderen Teilen der Welt genossen ein Turnier auf engstem Raum. Für Emir Tamim bin Hamad Al Thani haben sich die Turnierausgaben von angeblich 200 Milliarden US-Dollar aber offensichtlich gelohnt. Denn das war der Tenor in den einheimischen Medien. Tausende Fans aus Argentinien, Marokko oder Mexiko prägten über Wochen das bunte Bild im Souq Waqif, in dem inzwischen wieder das übliche geschäftliche und gesellschaftliche Treiben eingekehrt ist. „Das normale Leben ist zurück“, erzählt Taxifahrer Ebenezer.
Er kommt aus Ghana und lebt seit sieben Jahren in Katar. Neben seinem Job war er als WM-Volunteer mittendrin. „Wir haben die beste WM erlebt, das hat dem Land geholfen“, sagt Ebenezer stolz. Er durfte sogar ein Spiel im Stadion sehen: Ghana gegen Portugal. Nach dem 2:3 seines Heimatlandes schimpft er immer noch auf den Schiedsrichter.
Das Emirat ist kein Fußball-Land geworden
In Caravan City, das als Fan-Camp diente, steht noch das gelbe Einfahrtstor im Staub. Ebenso ein paar Wohnwagen, Wassertanks und ein leer geräumter Supermarkt-Container der Lebensmittelkette „Al Meera“. An den Eingängen zur Metro prangt der gedehnte Schriftzug „Celebrate“, also Feiern. Katars Fußball-Party ist aber vorbei. Das Emirat ist durch die WM kein Fußball-Land geworden – sicher auch, weil Katars Nationalmannschaft dreimal verlor und ausschied.
Die Qatar Stars Liga spielt jetzt wieder vor kleiner Kulisse. Das Al Shamal Stadium mit den roten Türmen, in dem Hansi Flick die wenigen Geheimtrainings der DFB-Auswahl abhielt, ist wieder Spielstätte des Al Shamal Sports Club.
Fußball ist in Saudi-Arabien Nationalsport. Es gibt eine Fankultur. Bei der WM in Katar ist die Nationalmannschaft das einzige Team gewesen, das Argentinien besiegte. Die Saudis kopieren den Weg Katars: Der Fonds Qatar Sports Investments (QSI) war 2011 bei Paris Saint-Germain eingestiegen, das inzwischen Serienmeister in Frankreich ist. 2021 übernahm der öffentliche Investmentfonds Saudi-Arabiens den Premier-League-Club Newcastle United, in der Premier League aktuell auf Rang drei. Kronprinz Salman (37) bringt das Königreich gezielt in Position – als möglichen Gastgeber der übernächsten Fußball-Weltmeisterschaft 2030. Der Kampf am Golf hat gerade erst begonnen.