Kultur Südpfalz Abschied mit Wehmut

An seinem Lieblingsplatz: Stefan Viegelahn an der Orgel der Landauer Stiftskirche.
An seinem Lieblingsplatz: Stefan Viegelahn an der Orgel der Landauer Stiftskirche.

Als der im Herbst 2015 auf Stefan Viegelahns Betreiben gegründete „Förderverein der Kirchenmusik an der Stiftskirche Landau in der Pfalz“ sein Kirchenmusikfest plante, ahnte noch niemand, dass dies der letzte Auftritt des allseits geschätzten Kantors innerhalb seines Amts sein würde. Im Herbst 2016 wurde Stefan Viegelahn zum Professor für Kirchenmusik mit Schwerpunkt Improvisation an die Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Frankfurt berufen. Die Verabschiedung erfolgt am 25. Juni um 10 Uhr im Gottesdienst – Auftakt für eine abwechslungsreiche Präsentation dessen, was sich in der Stiftskirchen-Musik tut. Und vielfach das leuchtende Signum ihres scheidenden Leiters trägt. Bei seinem Amtsantritt im Herbst 2008 – 29 Jahre alt war er damals und Landau seine erste Vollzeitstelle – schwärmte Stefan Viegelahn von der Vielfalt des Kantorenamts. Heute bekräftigt er das mit Nachdruck. „Kantor sein ist einfach ein toller Beruf, reichhaltig in seinen unterschiedlichen Disziplinen, angereichert mit viel Zwischenmenschlichem. Ein Raum für Spiritualität ebenso wie für künstlerische Entfaltung; ein Amt, das große Ausstrahlungskraft besitzt. Und doch bleibt man dabei irgendwie geerdet, weil man auch in die Strukturen einer Kirchengemeinde eingebunden ist und mit Menschen quer durch die Generationen und jeglicher Provenienz zu tun hat.“ Den kreativen Austausch mit den nebenamtlichen Kirchenmusikern seines Amtsbereichs wie den Kollegen der anderen Bezirkskantorate schließt er da explizit mit ein. Aber dennoch war der Ruf an eine Hochschule attraktiver? Er lacht. Na ja, man erhalte ein solches Angebot nicht alle Tage. Und jetzt, nach einem Dreivierteljahr an der Hochschule, sei er sich sicher, das Profil schärfen zu können, da er dort Bewegungsräume habe, die Kirchenmusik auch als Alternative zu anderen Studiengängen attraktiv zu gestalten. Denn: „Es fehlt derzeit tatsächlich an Nachwuchs.“ Und gleich im Nachsatz: „Dass ich Landau und meine Ensembles hier vermissen werde, steht außer Frage.“ Besonders dankbar sei er gewesen über die breit aufgestellte Palette. Dass mit dem Südpfälzischen Kammerorchester ein quasi professionell bestücktes, jederzeit mit hervorragenden Bläsern aufzustockendes Instrumentalensemble zur Verfügung steht, habe auch die Auswahl der Programme mit der Landauer Kantorei beeinflusst. „Quer durch die Epochen konnten wir zwischen Homilius und Benjamin Britten vieles mit eigenem Personal bestreiten.“ Und dann die Rieger-Orgel; die werde er schon vermissen. Das Gefühl wird mutmaßlich gegenseitig sein. Denn auch die Gottesdienst-Gemeinde goutierte Viegelahns Vor- und Nachspiele andächtig und meist mit begeistertem Schlussapplaus. Erstrecht die konzertanten Auftritte in der „Orgelpunkt“-Reihe. Da hat er immer auch selbst seine fabelhaften Fähigkeiten als glänzender Virtuose und charismatischer Gestalter unter Beweis gestellt. Die andere, fest im musikalischen Kanon der Stiftskirche etablierte Reihe, die sonntäglichen Matineen der Jahresend- und Adventszeit, hat der Stiftkantor zum exquisiten Podium für Konzertprogramme der hauseigenen Ensembles eingerichtet. Die Landauer Jugendkantorei beispielsweise, 2009 von Stefan Viegelahn gegründet, ein kleines, feines und lupenrein intonierendes Ensemble, bereichern Gottesdienste ebenso wie Konzertauftritte fabelhaft und nicht selten mit peppigen Klängen. Und dann flankieren zudem die Kollegen das üppige Erscheinungsbild der Landauer Kirchenmusik wohlfeil. Susanne Roth-Schmidt mit ihrer mehr als 60-stimmigen Kinderkantorei und Landesposaunenwart Christian Syperek, Leiter der Landauer Bläserkantorei, runden das Bild einer nahezu perfekt aufgestellten Kirchenmusik ab. Und auf der Basis dieser komfortablen Situation ließ sich am vergangenen Karfreitag ein Herzenswunsch Viegelahns auf den Weg bringen: Das als Auftragskomposition für die Stiftskirche geschaffene Passions-Oratorium „Jerusalem“ von Gunther Martin Göttsche – einer seiner frühen Orgellehrer – hatte alle Musiktreibenden der Stiftskirche auf wunderbare Weise vereint. Mit mehr als 850 begeisterten Zuhörern war die Stiftskirche am Ende ein einziger Jubel. „Dies ist enorm wichtig“, kommentiert Viegelahn das sehr ernst, „dass die Kirchenmusik aktuell Bereicherung erfährt, wir nicht nur im Traditionellen tätig werden, sondern Neues auf den Weg und in die Öffentlichkeit bringen.“ Dankbar sei er für all die großartige Zuarbeit und Unterstützung, die er in den Landauer Jahren von seinen Ehrenamtlichen in den Ensembles erfahren habe. Der Familie mit Ehefrau Katrin, ab August Lehrerin an der Thomas-Nast-Grundschule, und den Töchtern Marlene, Anne und Clara wird man immer mal wieder begegnen, denn: „Wir fühlen uns hier sehr wohl, Landau bleibt unser Zuhause.“

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