Kultur Südpfalz „Bei Soul fangen alle an zu bouncen“

Hat sein neues Album analog eingespielt: Max Mutzke.
Hat sein neues Album analog eingespielt: Max Mutzke.
Herr Mutzke, ich habe Sie schon mit Bigband, Orchester und nur mit Rhythmusgruppe gehört. Was werden Sie in Karlsruhe machen?

Wir sind hier grad bei den Proben für die Tour zum neuen Album „Colors“. Wir wollen den Sound, den man da hört, auch live rüberbringen. Das hat zur Folge, dass wir dann neun Leute auf der Bühne sind. Wir haben zur Vorbereitung eine Halle gemietet und den Bühnenaufbau geprobt. Es heißt, Sie haben ein Jahr an dem Album gearbeitet? Ja, ich bin mit Monopunk, meiner langjährigen Tourband, ins Studio gegangen und wir haben total detailverliebt gearbeitet. Es gibt viele Backings mit Bläsern und Streichern. Dazu kommt, dass wir alles analog aufgenommen haben. Warum das denn? Wir wollten einen Sound abbilden, den man früher in den 60ern, 70ern hatte, wie Marvin Gaye, Stevie Wonder. Monopunk wollten wir dabei als Trio unbedingt dabei haben. Die spielen ja schon fast 20 Jahre zusammen und arbeiten auch für viele andere tolle Künstler. Was sie stark macht, ist ihre Spontaneität, und das wollten wir live behalten. Damit das geht, haben wir Backgroundsänger, die Instrumentalisten sind, dazu genommen. Jetzt haben wir eine Woche geprobt und wir schaffen es, den Sound des Albums auf die Bühne zu bringen. Und mit so vielen Leuten ist das ein unglaublicher Spaß. Und es ist musikalisch für uns nach allem, was wir bisher gemacht haben, ein weiterer Schritt nach vorn. Mit dem Album wollen Sie „Hip-Hip zurück zum Soul bringen“. Was meinen Sie damit? Die Idee kam bei einer Autofahrt mit meinem Promoter. Der hatte Soul im Auto laufen, etwas von Al Green. Und ich dachte mir, es ist schade, dass diese Musik nicht mehr so gemacht wird. Musik mit so viel Wärme, ohne Effekthascherei, ohne „Akrobatik“ und mit so viel Charme. Wenn diese Musik läuft, gehen alle mit und fangen an zu bouncen, lächeln, man freut sich. Das wollten wir erreichen. Deshalb haben wir analog produziert, auch die Instrumente sind analog, und alles von Hand eingespielt, nichts programmiert. Und wie haben Sie Stücke ausgewählt? Im Team hat jemand die Idee gehabt, alte Hip-Hop-Stücke zu nehmen. Die sind ja oft entstanden aus Loops und Samples alter Soulstücke. Die ersten Hip-Hopper konnten sich keine Bands im Studio leisten und haben ihre Tracks aus Soulstücken zusammengebaut. Da sind viele Beats und Breaks von James Brown, Al Green und anderen dabei. Nehmen sie „Men in Black“ von Will Smith. Grundlage ist „Forget Me Nots“ von Patrice Rushen, über das er gerappt hat. Und da hatten wir die Idee, einfach den umgekehrten Weg zu gehen. Was musste ein Hip-Hop-Stück haben, um aufgegriffen zu werden? Ganz wichtig war uns eine gute Hookline. Es muss etwas dabei sein, das ins Ohr geht. Zum Beispiel „I Got Five on It“ kennt jeder. Unsere Zuhörer sollen den Moment haben „ah ja, das kenn` ich“, wenn die Hookline kommt. Das ist für die Hörer ein Glücksmoment. Und die Tracks sollten eine Geschichte haben. „White Lines“ ist zum Beispiel einer der ersten Hip-Hop-Tracks überhaupt. Wir haben das Genre sehr ernst genommen und uns richtig reingekniet. Ich hatte dabei Unterstützung von Leuten, die sich da richtig gut auskennen. Hip-Hop kommt aus der afroamerikanischen Bevölkerung der USA als Ausdruck einer politischen Haltung und Kampf gegen Unterdrückung. Was machen Sie als Weißer damit? Das ist ein sensibles Thema. Deshalb habe ich Julie Silvera dazugeholt. Sie ist Afroamerikanerin, ist Musikprofessorin und lebt in Hamburg. Sie kennt sich sehr gut mit der Hip-Hop-Subkultur aus, und wir sind alle Texte genau durchgegangen. Denn selbst wenn man sehr gut Englisch spricht, kennt man nicht die Hintergründe bestimmter Redewendungen und Ausdrücke. Und da haben wir gemerkt, wie hochpolitisch Hip-Hop ist. Mit dem Albumtitel hätten Sie fast einen Riesenfehler gemacht? Ich dachte, das Album hat so viele Farben und ist so bunt. Deshalb wollte ich es „Coloured“ nennen. Das fanden auch wirklich alle gut, Plattenfirma wie Management. Bis dann jemand sagte, das Wort steht in Amerika für Schwarze, oder eben „Mischling“. Und das wäre dann rassistisch. Also haben wir es „Colors“ genannt. Mir war auch nicht so klar, dass viele Afroamerikaner sich darüber ärgern, dass sie Musik entwickeln, die sich dann Weiße aneignen und damit das große Geld machen. Elvis hat nicht den Rock`n`Roll erfunden, aber Millionen damit verdient. Zur Person Max Mutzke wird 1981 in Kenkungen geboren. Sein Vater spielt Schlagzeug, das probiert der Junior auch. Selbst als seine Gesangskarriere längst läuft, spielt er noch Drums in einer Band. Sein Gesangstalent wird beim Mitsingen von Radiosongs offenbar. Funk, Soul und R’n’B verinnerlicht Mutzke durch intensives Plattenhören. Der Durchbruch kommt 2004, da gewinnt er den Wettbewerb „Stefan sucht den Super Grand Prix Star“. 2005 veröffentlicht er sein erstes Album unter eigenem Namen: „Max Mutzke“. Mit dem vierten Album „Durch Einander“ gewinnt er den Platin Jazz Award. Das Album „Colors“ enthält vorwiegend Hip-Hop-Klassiker in neuen Arrangements und mit gesungenen statt gesprochenen Texten sowie eigene Stücke. Karten www.tollhaus.de | Interview: Gereon Hoffmann

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