Kultur Südpfalz Kultur: Theaterstück zeigt Maria als Pflegekraft

Kann neben Schauspielerei auch turnen und jonglieren: Yaroslava Gorobey in ihrer ersten Hauptrolle für das Chawwerusch-Theater.
Kann neben Schauspielerei auch turnen und jonglieren: Yaroslava Gorobey in ihrer ersten Hauptrolle für das Chawwerusch-Theater.

Maria steht als Mutter Jesu neben Josef an der Krippe, wird weltweit besungen und um Hilfe angefleht. „Maria hilf“ heißt das Chawwerusch-Theaterstück, das sich um eine polnische Perle im deutschen Pflegenotstand dreht. Schauspielerin Yaroslava Gorobey spricht über die vielen Marias, denen sie in diesem Stück ein Gesicht gibt.

„Maria hilf“ – Katholiken kennen den Bittruf aus Liedern und Litaneien und richten den Blick dabei nach oben. Wer einen hinfälligen Familienangehörigen pflegen muss, schielt bei seinem Hilferuf aber auch gerne gen Osten. Denn während hierzulande Heimplätze knapp sind und eine einheimische Rundumbetreuung im trauten Heim unbezahlbar ist, kommen vor allem „polnische Perlen“ als Pflegekräfte auf Zeit. Viele tragen den Vornamen Maria, so wie jene Maria, die in Walter Menzlaws topaktuellem Theaterstück als Nothilfe einspringt. Angeheuert wurde sie von Michaela (Miriam Grimm), einer alleinerziehenden Mutter mit Vollzeitjob, die sich nicht auch noch um ihre vom Schlaganfall gezeichnete Mutter (Felix S. Felix) kümmern kann. Die störrische Alte mag sich in die neue Situation aber nicht fügen. So steht Pflegekraft Maria, die fast kein Deutsch spricht, zwischen allen Stühlen: zwischen Mutter und Tochter, Anforderung und Ablehnung, Heimat und Fremde, eigener Familie und Einsamkeit. In ihrer Person bündeln sich die alltäglichen Notwendigkeiten, theoretische Machbarkeiten, praktische Unmöglichkeiten, eigene Gefühle und das Missfallen der anderen.

Zwei Seelen in der Brust

All das verkörpert die 1992 in der Ukraine geborene Schauspielerin Yaroslava Gorobey nicht nur mit bewundernswerter körperlicher Präsenz, sondern auch mit spürbar mentaler Wachheit. Vielleicht deshalb, weil die an der Theaterakademie Mannheim und dem Russian State Institute of Performing Arts in St. Petersburg ausgebildete Akteurin selbst zwei nationale Seelen in ihrer Brust hat und obendrein die Probleme der Krankenpflege aus der eigenen Familie kennt. Als Vierzehnjährige kam sie mit ihrer Mutter und ihrer behinderten Schwester aus Russland nach Germersheim, wo sie erst einmal lernte, was eine Sprachbarriere ist. „Ich konnte kein einziges Wort Deutsch, konnte in der Schule nicht mitreden und hatte Angst, ausgelacht zu werden.“ Lange, auch noch auf der Schauspielschule, habe sie sich um eine akzentfreie Aussprache bemüht. Da sei es jetzt irgendwie witzig, dass sie als polnische Maria bei einer ihrer ersten Bühnenhauptrollen prompt ein gebrochenes Deutsch mit eingefärbtem polnischen Dialekt sprechen müsse. Immerhin sei dies leichter, als sich in diese Maria hineinzuversetzen. „Ich selbst könnte mir nie vorstellen, mein eigenes Kind, meine Familie zu verlassen, um für drei Monate in einem fremden Land zu arbeiten. Das verdient sehr viel Respekt“, sagt die 25-Jährige, die sehr genau weiß, was Pflege bedeutet und wie viel es kostet. Denn als Gorobeys Oma an Demenz erkrankte, siedelte die alte Dame aus der Ukraine nach Germersheim um, wo sie seither von ihrer Tochter, Gorobeys Mutter, die hauptberuflich ein Tanzsportschule leitet, gepflegt wird. „Ich kenne das, wenn man sich so auseinanderteilen und ohne männliche Unterstützung klar kommen muss“, vergleicht die Schauspielerin ihre privaten Lebensumstände mit der Schicksalsgemeinschaft der Frauen in Menzlaws Stück. „In dieser Situation muss man schon diese Leichtigkeit und den Humor haben“, der die Dinge erträglicher macht“, weiß die junge Frau, die bei den Vorbereitungen und umfangreichen Recherchen zu „Maria hilf“ aus terminlichen Gründen zwar nicht involviert, aber immer informiert war. „Bei den Proben hat Walter dann gesehen, dass ich gerne Blödsinn mache und viel Energie habe und das auch im Stück genutzt.“ Sogar die akrobatischen Fähigkeiten der Gastschauspielerin, die in Russland neben Varieté-, Kabarett- und Musicalelementen auch das Turnen und Jonglieren lernte, können auf der Chawwerusch-Bühne glänzen und für großes Staunen im Publikum sorgen.

Botschaft geht unter die Haut

Ganz persönlich findet Gorobey an ihrer Rolle aber jenen Moment am Stärksten, in dem sich „Marias Wille, zu helfen“, zeigt, obwohl sie von der zickigen Magdalena so rabiat abgewiesen wird. Marias Botschaft: „Ich bin für dich da“ , obwohl eigentlich niemand umgekehrt für Maria da sei, die gehe schon unter die Haut. Unter die Haut ging der jungen Schauspielerin in den jüngsten Wochen aber auch ein ganz anderes Engagement, das wiederum völkerverbindende Aspekte und einen Bezug zu ihrer eigenen Biografie hat. In dem spannenden Projekt „Das Kind und der Krieg“ vertrat sie die jüngste von drei Generationen, die in Deutschland, Russland und der Ukraine Kriege erlebt haben und rückblickend in ihrer jeweiligen Sprache auf Bühnen aller beteiligten Länder davon erzählen.

Termine

Aufführungen „Maria Hilf“ im Chawwerusch Theater Herxheim: 27., 28., 29. und 30. Dezember, 20 Uhr. Vorverkauf: Herxheim, Schreibwaren Regina Müller, Obere Hauptstraße 5; Kandel, Ideenreich, Hauptstraße 78; Landau, Die Kugel, Kugelgartenstraße 16.

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