Kultur Südpfalz Lachen als Abwehr des Schreckens

Im Kino war der Film „Honig im Kopf“ von Til Schweiger ein Renner, den immerhin 7 Millionen Zuschauer gesehen haben. Eine amerikanische Neuverfilmung (mit Michael Douglas) ist für 2018 angekündigt. Diesen großen Erfolg wollte auch das Karlsruher Kammertheater nutzen, und also war das Stück dort jetzt mit dem werbenden Zusatz „nach dem bekannten Film“ im kargen Theatersaal „K2“ zu sehen.

Der rührige Intendant Ingmar Otto inszenierte die Tragikomödie um die Alzheimer-Krankheit. Ganz, als ob das bestehende Repertoire an echten Bühnenstücken keine Spielvorlagen ergäbe, suchen die Theater leider immer häufiger in den Pfründen des Kinos nach Stoffen für die Bühne. Dieser ungute Trend ist keineswegs auf Karlsruhe beschränkt. Auch „Honig im Kopf“ ist in Bearbeitung inzwischen an mehreren Bühnen nachgespielt worden. Dass aber Theater kein Kino und das Verfahren der Überführung aus einem Medium in ein anderes nicht ungefährlich ist, beweist abermals die Aufführung im „K2“. Und wenn dann auch noch wie in dieser Version das originale Personal drastisch reduziert wird, einzelne Episoden getilgt und einfach erzählt statt gespielt werden, Videos und kleine Requisiten das Ambiente ersetzen sollen, dann führt das zu empfindlichem Schwund in der Substanz des Werkes. In der strikten Konzentration auf den alten Amandus wird hier nun vor allem seine bewegende Leidensgeschichte mit sensiblen Akzenten, einer bitteren, bisweilen ins Makabre reichenden Komik und immer wieder aufkommenden Momenten der Erschütterung erzählt, während sein Umfeld in der Strichfassung nur verkürzt aufscheint. Mag manche Pointe auch spontanes Gelächter auslösen, so verbirgt sich dahinter doch oft der Schrecken des Betrachters und seine Abwehr der latenten Gefahr. Dabei gelingt es, das Verhältnis zur Krankheit und ihren bedrohlichen Folgen zu relativieren und dem Zuschauer mit frivoler Scherzhaftigkeit die Augen zu öffnen für einen neuen Blick. Trotz ihrer Schwächen, die vor allem mit den dramaturgischen Mängeln der Spielfassung, aber auch mit der Schablonenhaftigkeit der Regie bei den Randfiguren zu tun haben, ist die Einstudierung sehenswert, und das hat ohne Zweifel mit dem überragenden Hannes Fischer in der Hauptrolle zu tun, der den Abend trägt. Wie dieser vorzügliche Charakterdarsteller, der auch einige Jahre am Badischen Staatstheater engagiert war, die heikle Fragilität der Figur, ihren schleichenden Zerfall, ihr Abdriften in eine eigene Wahnwelt und ihre anrührende Zartheit im Umgang mit der Enkelin vorführt – das allein schon lohnt (außer der Aktualität des Themas) den Besuch. Neben ihm ist Farina Violetta Giesmann eine betont frische, treuherzige Tilda. Meike Anna Stock entwirft das herbe, allzu flache Porträt einer ständig alarmierten Frau, und auch Heiner Junghans als von Mitgefühl und Furcht hin- und hergerissener Sohn und Gatte bleibt ohne Tiefe. Schade. INFO Die nächsten Aufführungen sind für heute, 10. und 11. Februar (20 Uhr) sowie 12. Februar (18.30 Uhr) geplant. Karten und weitere Termine: Telefon 0721 23111 oder www.kammertheater-karlsruhe.de. |rkr

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