Kultur Südpfalz Von Familienbanden

Die liebe, leidige „Bucklig Verwandtschaft“ haben sich Felix S. Felix und Armin Sommer unter der Regie von Sieglinde Eberhart als Kooperation zwischen dem Chawwerusch-Theater in Herxheim und der Stadtbibliothek Landau aufgehalst und am Freitag zur Premiere in die Stadtbibliothek eingeladen. Dort wurde das begeisterte Publikum Teil eines vergnüglichen, durchaus anspruchsvollen literarisch-musikalischen Familienfestes.

Es ist angerichtet: Auf der Bühne, die sich als gut bürgerlicher Speisesalon präsentiert, warten ein weiß eingedeckter Tisch mit bunten Glasschalen und edlen Porzellan-Etagèren, daneben ein Stehtisch mit einer bildschönen Kaffeekanne auf Gäste. Die Gastgeber zeigen sich stilvoll ganz in Fliederfarben und in Schwarz gekleidet, ergreifen feierlich Raum, lassen die fast sakral gedeckte Tafel wie einen „Hausaltar für die Vorfahren“ wirken, um Gläser und Geschirr im nächsten Moment in Musikinstrumente zu verwandeln. Später, wenn die ersten Familienverhältnisse geklärt, der Stammbaum „familia domestica communis“ in Sinne Erich Kästners überhaupt erst mal klar definiert und schwungvoll durchkonjungiert ist, deren Hauptvertreter Vater, Mutter und Kind mit Hilfe Goethes, Tucholskys und Heinz Erhards mit verschiedensten poetischen Wirkweisen auf Herz und Nieren geprüft sind, wird aus dem Tisch ein Xylofon, das mit großem, aber doch sanftem Klangvolumen die sich stetig weitenden Klaviaturen familiären Zusammenseins dezent untermalt. Diese reichen von heiter-besinnlichen Beobachtungen allzu menschlicher Enge über die berührende Erkenntnis schicksalhafter Entfremdung bis zum Kindes- und Tantenmord. Geschickt hat Regisseurin Sieglinde Eberhart ausschließlich hörenswerte Texte klassischer und zeitgenössischer Autoren zu einem leicht verdaulichen Menü komponiert. Sie hat in verschiedenen Gängen die Geschmacksnerven mal auf den „Nachwuchs“ und die „Geschwister“ oder aber die „Herkunft“ und die „Hinterlassenschaften“ gelenkt und dabei ganz nebenbei belegt, dass die „Bucklige Verwandtschaft“ als Erblast eines jeden Individuums jedweden Wandel der Zeit weltweit überlebt. Da ist es noch einfach, wenn sich in einer argentinischen Familie alles um die allseits gehasste „Tante Angustina“ (Julio Cortázars) oder um das von Michael Bauer angekurbelte deutsch-türkische „Günnegüggel-Famili“-Karussell dreht. Welche Last aber muss man – wie Ferdinand von Schirach – als Enkel eines Naziverbrechers tragen und wie viel Liebe, Achtung und Geduld muss man aufbringen, wenn man – wie Arno Geiger – den einst hochintelligenten Vater als dementen „alten König in seinem Exil“ schwinden sieht. All diese Lebenslagen macht Felix S. Felix gefühlvoll rezitierend, minimal gestikulierend, aber klar artikulierend auf leicht verständliche und doch tiefsinnige Weise mental nachvollziehbar und emotional erlebbar. Mal süffisant deklamierend, mal humorvoll provozierend, stets alle Gefühlslagen mit großem Gespür auch für kleinste Nuancen ausbalancierend, ist es ihr ganz wunderbar gelungen, die „bucklig Verwandtschaft“ um einen Tisch zu scharen und ihr dabei auch noch einen witzigen Text aus eigener Feder („sterben erben, sterben“) zu servieren. Die stimmungsvoll intonierte, raffiniert inszenierte Begleitmusik von Armin Sommer trug wesentlich zum Wohlbefinden der Gäste bei, und so ist die gehaltvolle Kost jedem bestens gemundet und niemanden auf den Magen geschlagen. Vielleicht mag mancher seine eigene „bucklig Verwandtschaft“ nach all den neu gemachten Bekanntschaften jetzt viel besser ertragen. Info Weitere Termine: 15. Mai in Klingenmünster, Keysermühle, 18 Uhr, 16. Mai in Rhodt, Durlacher Hof, 20 Uhr, 17. Mai in Herxheim, Park der Villa Wieser, 17 Uhr (Karten: Servicetheke im Rathaus, Telefon 07276 5010, infotheke@herxheim.de) 5. Juli in Gleisweiler, Herrenhaus Barthélemy, 16 Uhr. Infos auch unter www.chawwerusch.de. (ttg)

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