Pfalzgeschichte(n) Pfälzer Sagen: Wie der Teufel sein Unwesen in der Region treibt

Kaiserslautern: Grünes Licht für den Betze-Teufel als Ampelmännchen.
Kaiserslautern: Grünes Licht für den Betze-Teufel als Ampelmännchen.

Im Pfälzerwald sind Teufelstische, Teufelsberge und Teufelsleitern reich gesät. Ein Theologe meint dazu: „Der Teufel ist mittlerweile populärer als Gott.“ Doch woher stammt dieser Hang zum Teufel? Eine Reise durch die Welt von Glaube und Aberglaube führt auch zur Entdeckung eines neuen Teilchens im Pfälzer Teufelspuzzle.

Sagen um den Herrscher der Hölle gibt es in der ganzen Pfalz. Der Teufel tritt dabei einmal als mächtiger Gegenspieler Gottes, ein andermal als leicht zu überlistender Blödian auf. Mal erschafft er ganze Welten, mal kracht er mit seinem Schlitten in einen Bach. Wir haben uns auf die Suche nach den alten Sagen gemacht und dabei die eine oder andere spannende Geschichte entdeckt. Das Ergebnis lässt sich sehen. Fast 50 teuflische Sage und teuflische Orte in der Pfalz haben wir gesammelt und in eine interaktive Karte „Teuflische Pfalz“ eingetragen. Doch welche Bedeutung haben diese alten Sagen? Was wollen sie uns mitteilen? Um diese Fragen zu beantworten, haben wir mit Kirchenleuten, Volkskundlern und selbst ernannten Satanisten gesprochen.

Einer der bekanntesten Orte der Pfalz mit einer teuflischen Geschichte: der Teufelstisch bei Hinterweidenthal.
Einer der bekanntesten Orte der Pfalz mit einer teuflischen Geschichte: der Teufelstisch bei Hinterweidenthal.

Der Teufel ist seit der Einführung des Christentums in Europa präsent, also seit der Zeitenwende vor 2000 Jahren“: Der Ludwigshafener Dekan Paul Metzger holt weit aus, wenn man ihn nach der Herkunft der Teufelsmythen in der Pfalz fragt. „Die ersten Teufelsgeschichten belegen ihn als Gegenspieler der christlichen Gemeinden, als Anführer.“

Sympathie für den Teufel

Paul Metzger kennt sich nicht nur in seiner Rolle als Dekan mit dem Teufel in der christlichen Mythologie aus, er hat auch schon zwei Bücher über den Herren der Unterwelt geschrieben. „Der Teufel hat seine Funktion in der christlichen Welterklärung, in der Ätiologie. Seine Figur als Gegenspieler soll erklären, warum die Welt ist, wie sie ist. Mit dem Bösen und dem Guten“, erklärt Metzger.

Paul Metzger erläutert die theologische Sicht.
Paul Metzger erläutert die theologische Sicht.

Doch das sei lange her, meint der Kirchenmann weiter: „Der Teufel ist heute weitestgehend entdämonisiert, das reicht bis zum Kasperletheater.“ Heute würde er eher lächerlich gemacht. Und es sei auch ohne Probleme akzeptabel, wenn er für ganz gewiss liebevoll gemeinte, bewundernde Spitznamen herhalten muss. Etwa für die Spieler des 1. FC Kaiserslautern, die sich seit vielen Jahren schon die „Roten Teufel“ nennen.

Die Gegner fürchten sie: die Hölle vom Betzenberg.
Die Gegner fürchten sie: die Hölle vom Betzenberg.

Populärer als Gott

In Kaiserslautern ist der Teufel allemal präsent. Seit Kurzem gibt es ihn sogar als Ampelmännchen. Auf Stickern in der ganzen Stadt ließt man vom Pfalz-Inferno, der Generation Luzifer oder dem Devil-Corps. Der Name der „Roten Teufel“, so vermutet Stefan Roßkopf, der Leiter der Abteilung Medien & PR des 1. FC Kaiserslautern, „geht höchstwahrscheinlich darauf zurück, dass der FCK und seine Art, Fußball zu spielen, von Reportern in den 1950ern als ,teuflisch’ bezeichnet wurde.“ Also leitet sich der Spitzname des FCK wahrscheinlich von dessen Spielweise ab und hat keinen religiösen Bezug. Trotzdem meint Theologe Metzger: „Der Teufel polarisiert. Ich bekomme viele Anfragen zu ihm. Mittlerweile ist der Teufel populärer als Gott.“

Rote und grüne Teufel auf Kaiserslauterer Ampeln.
Rote und grüne Teufel auf Kaiserslauterer Ampeln.

Ob das wohl in der ganzen Pfalz so ist? Barbara Schmidt, die stellvertretende Leiterin des Instituts für pfälzische Geschichte und Volkskunde in Kaiserslautern, sieht das ähnlich: „Der Teufel ist inzwischen mehr in Richtung Alltagskultur eingeschwenkt. Und er ist in der Pfalz sehr präsent. Das liegt vor allem an den Sandsteinformationen im Pfälzerwald, die natürlich Fragen aufgeworfen haben“, macht Schmidt auf die geologischen Besonderheit der Pfalz aufmerksam. Sagen über den Teufelstisch, die Teufelsleiter und den Teufelsfelsen seien gute Beispiele dafür: „Die Sagen sollen erklären, warum es die Steinformationen überhaupt gibt.“

Volkskundlerin Barbara Schmidt kennt die Sagen.
Volkskundlerin Barbara Schmidt kennt die Sagen.

„Daneben dienten Teufelsmythen dazu, vor Gefahren zu warnen. Sie sollten vermitteln: ,Geh da lieber nicht hin’“, führt die Volkskundlerin weiter aus. Früher sei die Wildnis des Pfälzerwaldes noch nicht erschlossen gewesen. Eine eindeutige Warnung, diese Gebiete zu betreten, diente also dem Schutz. Barbara Schmidt hält einen Vergleich mit einer gezielten, leichten Traumatisierung für richtig. Die Kinder und auch Erwachsene seien demnach von den gruseligen Teufelsgeschichten verunsichert worden, sodass sie die gefährlichen Orte mieden, meint Schmidt.

Auf alte teuflische Sagen und Ortsnamen trifft man demnach vielfach im Pfälzerwald, aber auch in moderneren Geschichten. Im Buch „Sagen und Geschichten aus Ludwigshafen am Rhein“ von Paolo Parisi und Karl-Heinz Halbedl ist von einer Sage zu lesen, die in Mundenheim erzählt wurde: So wollten Eltern ihre Kinder davon abhalten, an den gefährlichen Bahngleisen zu spielen und erfanden eine Teufelsgeschichte.

Himmlische Aussichten gibt es vom Teufelsfelsen hoch über den Lambrechter Tal.
Himmlische Aussichten gibt es vom Teufelsfelsen hoch über den Lambrechter Tal.

„Die Figur sollte auch erklären, warum es das Böse im Menschen gibt“, erklärt Barbara Schmidt vom Institut für pfälzische Geschichte und Volkskunde weiter die vielen Funktionen des Teufels in Sagen. So gebe es darin zuhauf Geschichten von Männern und Frauen, die einen Pakt mit dem bösen Teufel eingegangen sein sollen, um an Reichtum zu gelangen.

„Die Geschichten wurden früher in den Spinnstuben und am Kamin erzählt. Es waren Sagen, die Teil einer Erzählkultur waren“, erzählt Schmidt in den hellen Räumen der Institutsbibliothek am Kaiserslauterer Benzinoring. Hier stapeln sich neben historischer Fachliteratur auch die niedergeschriebenen Versionen der unterhaltsamen Sagen und Märchen. „In Märchen taucht der Teufel in relativ harmlosen Aktionen auf. Der Teufel, der ins Wirtshaus geht und unter seiner Frau und Großmutter leidet, hat nichts mehr mit dem Teufel aus der Bibel zu tun“, beschreibt Schmidt den Wandel, den die Teufelsfigur auch in der Pfalz erlebte.

Nicht der Teufel, sondern der Zahn der Zeit hatte an der Brücke am Pirmasenser Premiumswanderweg „Teuefelspfad“ genagt.
Nicht der Teufel, sondern der Zahn der Zeit hatte an der Brücke am Pirmasenser Premiumswanderweg »Teuefelspfad« genagt.

Das 19. Jahrhundert beschreibt Schmidt als eine Art zweischneidiges Schwert: „Das Niederschreiben der Sagen etwa durch die Grimms oder auch Autoren aus der Pfalz hat sie für uns heute bewahrt.“ Durch die literarische Interpretation seien die Sagen aber auch teilweise verfälscht worden. Zudem habe sich in dieser Zeit der Verschriftlichung eine Wissenschaft und eine Verwaltung durchgesetzt, in der der Teufel keinen Platz gehabt habe. So gingen pfalzweit Traditionen verloren, Sagen und Namen wurden vergessen.

Das Teufelshorn bei Gossersweiler-Stein im Landkreis Südliche Weinstraße ist so ein Name, der heute nur noch wenig bekannt ist. Dabei handelt es sich um eine der vielen Buntsandsteinformationen im Umland von Gossersweiler, die sonst so markante Namen wie Engelsfelsen und „Riesenkopf“ tragen. Die meisten dieser anschaulichen Namen tauchen vor allem in alten Landschaftsbeschreibungen aus dem 19. Jahrhundert auf und werden heute nicht mehr gebraucht.

Hilfe beim Kirchenbau

Dieses Teufelspuzzle lässt sich um eine weitere Sage erweitern, die aller Wahrscheinlichkeit nach noch nie zuvor niedergeschrieben wurde. „Als Lambrecht vor 1000 Jahren gegründet wurde, da hat der Teufel geholfen, die Kirche zu bauen. Er dachte nämlich, dass die Menschen dort ein Wirtshaus bauten“, erzählt Klaus Liebrich vom Pfälzerwald-Verein. „Als sie dann aber ein Kreuz auf den Turm setzten, erkannte der Teufel die Kirche und ließ die Steine aus seiner Hand fallen“, erzählt er weiter. Das seien heute der neue und der alte Teufelsfelsen. Diese Geschichte erzählt man sich in Lambrecht schon lange, aufgeschrieben habe sie aber wohl noch keiner, meint Liebrich. Tatsächlich gibt es in der Pfalz mehrere solcher Sagen, die nach demselben Muster ablaufen. Am bekanntesten ist wohl die vom Teufelsstein bei Bad Dürkheim.

Kein Pfälzer Satanismus

Satanismus jedoch hat sich in der Pfalz trotz der vielen Teufelsmythen nicht breit gemacht. Die satanistische Bruderschaft des Samael, eine der größeren satanistischen Gruppen Deutschlands, teilt auf schriftliche Anfrage mit: „Teufelskanzeln, Teufelsbrücken, Burgruinen mit individuellen Sagen sind stets eine Reise wert“, aber, so in der schriftlichen Antwort weiter, der Pfalz am nahesten sei man nur bei einem Treffen der Bruderschaft in Heidelberg gekommen. Auf die Frage, ob der Teufel mittlerweile populärer als Gott sei, gibt die Bruderschaft des Samael die Antwort: „Im Alltag läuft man weder dem einen noch dem anderen regelmäßig über den Weg.“

Die Pfalz beweist, dass Sagen über den Teufel früher weit verbreitet waren und viele Funktionen hatten. Die Entwicklung, die die Figur des Teufel darin über die Jahrhunderte vollzog, lässt sich an den Pfälzer Teufelssagen erkennen: vom mächtigen, bösen Gegenspieler Gottes bis hin zum Maskottchen. Teuflischen Orten und Teufelssagen begegnet man weiter regelmäßig. Angst und Schrecken verbreiten sie allerdings längst nicht mehr.

Lust auf mehr Teufelsgeschichten? Hier finden Sie einen Überblick über alle Teufelssagen der Pfalz

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