Kreis Germersheim Ein 200 Jahre altes Familienrezept

Stolz auf die Familientradition: (von links) Cordula, Charlotte, Carla und Christian Rembor im provisorischen Verkaufsraum, den
Stolz auf die Familientradition: (von links) Cordula, Charlotte, Carla und Christian Rembor im provisorischen Verkaufsraum, den die Familie während des Umbaus nutzte.

Die Bäckerei Rembor gibt es seit 200 Jahren im Familienbesitz. Aus diesem Anlass wird das „Jubiläumsbrot“ gebacken – ein Bauernbrot, nach einem uralten Familienrezept. Der Chef in der Backstube heißt seit 200 Jahren Rembor: 1818, zur Gründung des Familienbetriebes, war es Johannes, danach Johannes II, Michael, Friedrich, Bruno, Bernd und seit 2010 Christian, Konditor, Bäckermeister und Betriebswirt. Auf den Mehlsäcken ist früher wie heute das Logo der Westheimer „Holzmühle“ (heute im Verbund der Rheintal-Mühlen) zu sehen. Die Produkte – rund 20 Brot- und 36 Brötchensorten – sind innovativ und am Wunsch der Kundschaft orientiert. Doch gibt es auch heute noch Backwaren nach Rezepten der Vorväter, um Beispiel – wie in Vorzeiten nur samstags – den „Kümmelsparren“, eine Spezialität aus Zeiten der 5. Rembor-Generation. „Derzeit ist alles gefragt, was Vollkorn, Dinkel oder ohne Weizen sei, beantworten die Rembors die Frage, was gerade „in“ ist. Ihre Kundschaft – keineswegs nur aus Lingenfeld – lege Wert auf Qualität und Geschmack. „Wir haben da unsere Nische entdeckt, grenzen uns ab von den Groß- und Filialbetrieben. Unsere Produkte sind im Grunde nicht vergleichbar.“ Neuen Trends, Ideen gegenüber ist das Ehepaar durchaus aufgeschlossen. „Wir können kreativ sein, etwas ausprobieren, experimentieren – und bekommen ein sofortiges Feedback von den Kunden“ beschreibt Christian Rembor das Schöne an seinem Beruf. Das „Frühlingsbrot“ – anfangs nur versuchsweise zum Frühlingsanfang gebacken, war so ein Experiment und ist heute ein Dauerbrenner. Christian Rembor, 39 Jahre alt, hat zunächst in Schifferstadt Konditor gelernt, danach in Germersheim Bäcker. Auf der „Konditorenschule“ hat er seine heutige Frau Cordula (37) kennen gelernt; mit ihr zusammen führt er heute den Betrieb. Dass die Chemie zwischen ihnen – privat und beruflich auch bei großen Herausforderung noch stimmt – haben die beiden in Australien gemerkt. Dort haben sie ein Jahr in einer jüdischen Bäckerei zunächst als Konditor, Christian später dann als Backstubenleiter, gearbeitet. „Das war eine interessante Zeit mit vielen menschlichen und kulturellen Erfahrungen“ erinnern sie sich. An die Zeit in Australien erinnern auch die Bagels, die zum Kernsortiment der Bäckerei in Lingenfeld gehören – und die Freundschaft zu einem Bäcker aus Japan, der zunächst in Sidney und später zwei Jahre in der Lingenfelder Backstube mitgearbeitet hat. Das „Dosenbrot“, das aus dieser Kooperation entstand, gibt es heute noch. „Wir merken immer am sprunghaften Anstieg der Nachfrage, wenn der Film mal wieder im Fernsehen gezeigt wurde“ – schmunzelt der Bäckermeister. Auslandserfahrung hat Christian Rembor auch in Italien gesammelt, hat italienische Rezepte und Backerfahrungen vor Ort gesammelt und so die Zeit vor der Meisterschule sinnvoll überbrückt. „Wir sind stolz auf uns, auf unseren Betrieb, auf unsere Mitarbeiter und auf die gute Arbeitsatmosphäre – eine große Familie“, bekennen die beiden. Die Bäckerei hat sieben Tage in der Woche geöffnet, das Ehepaar ist im Grunde jeden Tag im Betrieb, er ab 2 Uhr, sie ab 4 Uhr. „Das muss man wollen, sonst hat man keinen Spaß daran“ sagt Cordula Rembor. Schließlich gelte es, ein Familienleben mit zwei Töchtern, Freundschaften und sozialen, kulturellen Kontakten zu organisieren – all dies funktioniere nur in einem eingespielten Team und im Wissen, dass der Partner das mitträgt. Auch wenn es im Verkaufsraum mitunter eng wird, wurde er nicht vergrößert. „Das Gebäude machte eine Erweiterung nicht möglich“. In dem Gebäude Ecke Kirchstraße/Hauptstraße (heute Germersheimer Straße) wurde schon seit 1816 gebacken: Im Keller unter der einstigen Wirtschaft „Zum Lamm“ gab es eine Backstube mit Holzbackofen. Generationen später wurde die Backstube ins Erdgeschoss verlegt und der Holzbackofen durch einen Dampfbackofen ersetzt. In der Backstube hat sich Christian Rembor schon als Kind wohl gefühlt, habe schon als Fünfjähriger verkündet, Bäcker werden zu wollen. Das hat er nach dem Abitur getan und die Familientradition fortgesetzt: Die Verantwortung für den Betrieb ging stets vom Vater auf den Sohn über. Mit dieser Tradition ist jetzt erst einmal Schluss: „Rembor 8.0“ wird – wenn überhaupt – weiblich sein. Zwar hat eine der beiden Rembor-Töchter schon verkündet, dass sie Bäckerin werden möchte – aber wer weiß?

Bäckerei Rembor und das „Alhambra“-Kino in der Ortsmitte.
Bäckerei Rembor und das »Alhambra«-Kino in der Ortsmitte.
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