Pfälzer Teufelssagen Neuhemsbach: Teuflische Schlittenfahrt endet mit Höllenritt

Der Teufel rettete einst diese Mühle bei Neuhemsbach. Sie steht noch heute.
Der Teufel rettete einst diese Mühle bei Neuhemsbach. Sie steht noch heute.

Drohen Neuhemsbach wegen eines Teufelspaktes Überschwemmungen? Eine Sage rund um die Hammermühle könnte diesen Eindruck erwecken.

Teufelssagen gibt es in der Pfalz viele. Die Sage aus dem Hemsbachtal ist in ihrer historischen Genauigkeit und Brisanz jedoch schwer zu toppen.

Von Neuhemsbach kommend Richtung Heinzental steht die Hammermühle, rund 40 Meter vom Hemsbach entfernt. An gerade diesem Ort befand sich früher die Bärenwoog, also eine besonders tiefe Stelle im Bärenmüllersweiher, der sich aus Wasser des nördlich gelegenen Grillingswaldes speiste. In dieser Gegend spielt die Geschichte „Die Teufelsritsch“, die im ersten Band der Sagensammlung „Pfälzer Sagen“ von Viktor Carl zu finden ist.

Der Rittmeister aus Lautern, bei dem es sich übrigens um den laut Wikipedia real existierenden Hauptmann Schwarz handeln könnte, soll die Hammermühle gekauft haben. Denn er konnte mit seiner Rente seine Familie nicht ernähren. „Solange der Regen fiel und der Schnee schmolz, solange lief das Wasserrad. Wenn aber die Hundstage an den Himmel kamen, stand das Werk still“, berichtet die Sage über die Wasserknappheit im Hochsommer. Die Lösung?

Der Teufel spielt im Schnee

„So stellte er an des Teufels Großmutter das Ansinnen, ihm doch zu helfen“, seine Mühle im Sommer mit Wasser zu versorgen. „Der Rittmeister hingegen musste seine Seele verschreiben“, beschriebt die Sage den in Teufelsgeschichten recht üblichen Teufelspakt. Unüblich wurde der Pakt dadurch, dass der Rittmeister zusätzlich eine winterliche Schlittenfahrt mit dem Teufel ausmachte. „Die Leute aus Neuhemsbach wunderten sich am nächsten Morgen sehr, dass der Bärenwoog voller Wasser war.“

Diesen Hang bei Neuhemsbach rutschte der Teufel mit seinem Schlitten herunter.
Diesen Hang bei Neuhemsbach rutschte der Teufel mit seinem Schlitten herunter.

„Der Winter zog ins Land, und der Rittmeister erinnerte den Teufel an die Abmachung“, leitet die Sage die spannende Schlittenfahrt, die sogenannte Teufelsritsch, ein. „Los ging die Fahrt, dass es dem [Rittmeister] ganz schwindelig wurde“, sodass er gar vom Schlitten sprang und der Teufel alleine „in die eisigen Fluten“ des Bärenwoog jagte. Der Rittmeister wusste diesen Vorteil zu nutzen und rief: „Wenn du mir meine Seele freigibst, will ich dich gerne herausziehen und dich so vor dem Tode retten!“. Der Teufel ging darauf ein, ließ sich retten und „mit einem gräßlichen Fluche fuhr er in die Erde“.

Des Teufels Großmutter

„In der Pfalz erscheint der Teufel manchmal ein bisschen dümmlich. Man kann ihn überlisten“, ordnet Barbara Schmidt vom Institut für pfälzische Geschichte und Volkskunde dieses Happy End ein. „In Märchen taucht der Teufel dann in relativ harmlosen Aktionen auf. Der Teufel mit seiner Großmutter, hat nichts mehr mit dem Teufel aus der Bibel zu tun“, beschreibt Schmidt den Wandel, den die Teufelsfigur auch in der Pfalz machte.

„Daneben gibt es in Sagen den Teufel oft als Angstobjekt, als Warnung: Geh da lieber nicht hin.“ Die Gefahr, schildert Schmidt weiter, sei dabei entweder auf die gefährliche Natur zurückzuführen, oder auf tatsächlich geschehene Kriminalgeschichten. So seien besonders gefährliche oder gruselige Orte nach dem Teufel benannt worden.

Wo genau fuhr der Teufel Schlitten?

In der Sage „Die Teufelsritsch“ könnte somit vor dem Bärenwoog gewarnt worden sein, der mit dem Teufel in Verbindung gebracht wird. Und tatsächlich: Die Lage des Bärenwoog wird im von der Verbandsgemeinde Enkenbach-Alsenborn 2023 in Auftrag gegebenen Hochwasser- und Starkregenvorsorgekonzept der igr GmbH als besonders überflutungsgefährdet gekennzeichnet.

Ein Besuch vor Ort zeigt: Der Bärenwoog ist in der Regel ganz harmlos. Er fließt unter der Bundesstraße hindurch und tröpfelt auf der anderen Seite aus einem alten Gartenschlauch heraus – in eine Pferdetränke hinein. Die Bewohner der alten Mühle konnten uns außerdem den genauen Ort zeigen, wo der Teufel die Schlittenfahrt gemacht haben soll. Ihre Erinnerung reicht in Vorkriegszeiten zurück und wir glauben ihnen.

Lauert Gefahr im „geilen Wald“?

Ein weiteres Indiz, dass die Geschichte warnen soll, findet sich im Namen „Grillingswald“, nördlich von Heinzental. Die genaue Geschichte dieses Namens ist nicht überliefert. Ein vergleichbarer Flurname aus dem südhessischen Watzelhain (Landkreis Rheingau-Taunus-Kreis) lässt den Schluss zu, dass sich die Vorsilbe „Grilling-“ aus „Geil-“ entwickelt hat. „Geilheit“ bedeutete laut dem Digitalen Wörterbuch der Deutschen Sprache früher in erster Line „schnell wachsendes Wuchern“. Der Grillingswald könnte also ein wuchernder Wald gewesen sein, ein Stück Wildnis. Oder eben: Dort lauert Gefahr, vor der die Teufelssage warnen will.

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